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3.5.2023

Vorverfahren und Widerspruchsverfahren

Es liegt eine Amtspflichtverletzung vor, wenn die Kassenärztliche Vereinigung ihrer Pflicht zur Wahrnehmung der Interessen der Ärzte gegenüber den Krankenkassen nicht nachkommt. Eine solche Amtspflichtverletzung hat jedoch für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Sinne des § 839 BGB bzw. Art. 34 GG schuldhaftes, d.h. vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln zur Voraussetzung. Wann handelt nun die KV bzw. wann handeln die Ärzte schuldhaft in diesem Sinne, wenn sie die Interessen der Ärzte nicht gegenüber den Patienten wahrnehmen?
Es dürfte wohl im einzelnen Fall schwer sein, dem Krankenhaus die vorsätzliche Unterlassung der ihm obliegenden Behandlungspflicht mit Erfolg zum Vorwurf zu machen. Wesentlich ist aber, und das ist oft übersehen worden, dass der Schuldvorwurf im Sinne der Fahrlässigkeit schon dann begründet ist, wenn die Ärzte als beauftragte der KV zu einer irrigen Ansicht gelangt sind, bezüglich derer sie bei pflichtgemäßer Aufklärung zu einer richtigen Würdigung des jeweiligen Tatbestandes hätten gelangen können (so BGH-Urteil vom 19.11.2015 in DVBI 2016 S.121-125).
Im Hinblick auf diese Rechtssprechung kann z.B. bei den zahllosen Kürzungs- und Regressverfahren von einer Interessenwahrnehmung im Sinne des § 368 n Abs.l Satz 2 nicht die Rede sein, wenn die Ärztekammern oder deren Prüfärzte mit überzeugenden Argumenten schon seit einigen Jahren tiefgründiger Überlegungen enthoben, es noch nicht einmal für nötig gefunden haben, ihrerseits zumindest medizinische Gutachten zur Untermauerung der von ihren Patienten vertretenen Standpunkte einzuholen, wie es nunmehr der unabhängige Ärzteverband in Angriff genommen hat. Mit solchen Unterlassungen haben die Standesorganisationen laufend gegen die ihnen gesetzlich zugewiesene Pflicht der Interessenwahrnehmung der Kassenärzte verstoßen.
Bezüglich der Frage, in welchem Umfang die Interessen des Arztes von der KV wahrzunehmen sind, dürfte bei der beispielhaft erfolgten Aufzählung bemerkt worden sein, dass nicht ausdrücklich die Interessenwahrnehmung und Vertretung im Verlaufe eines sozialgerichtlichen Vorverfahrens (Widerspruchsverfahren) und anschließenden Sozialgerichtsverfahrens erwähnt ist. Offenbar hat sich der Gesetzgeber hiervor gescheut, weil die Problematik der Zwitterhaftigkeit der KV - einerseits Interessenwahrnehmung für die Ärzte, andererseits eine solche für die Krankenkassen - voll in Erscheinung tritt.

Vorverfahren

Bei einem Blick auf das sozialgerichtliche Vorverfahren tritt die Frage auf, wie eine KV, die nach vorausgegangener Nichtbeachtung der tatsächlich erforderlichen Interessenwahrnehmung des Kassenarztes ihren Prüfungsausschuss zu Ungunsten dieses Arztes hat entscheiden lassen, diesen - objektiv nicht oder subjektiv doch noch entschuldbaren - Irrtum korrigieren kann; das heißt, kann sie jetzt noch im Verlaufe des schwebenden Widerspruchsverfahrens Ihrer gesetzlichen Pflicht zur Interessenwahrnehmung genügen? Das würde bedeuten, dass dieselbe KV gegenüber ihrem eigenen Beschwerdeausschuss als Interessenvertreter des Kassenarztes in Erscheinung treten müßte. Diesem scheinbaren Widerspruch tragen sie allerdings Rechnung, da die Pflicht der KV gegenüber den Krankenkassen und die Verpflichtung, die Rechte der Kassenärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen, es erforderlich macht, dass ein Patient - vertreten durch einen Anwalt für Arztrecht - gegen eine unterbliebene oder zu geringe Kürzung einerseits oder gegen eine zu hohe Honorarberichtigung andererseits vorgehen muss.
Wirtschaftlichkeitsprüfung
Ergänzend dazu ist ebenfalls zu bedenken, dass der Vorstand einer KV legitimiert ist, gegen eine Entscheidung des Prüfungsausschusses seiner KV Beschwerde beim Beschwerdeausschuss einzulegen. Die Gewährleistungspflicht der Ärzte gegenüber den Krankenkassen einerseits und das Prinzip der gerechten Verteilung der Gesamtvergütung unter die Kassenärzte andererseits fordern bei dieser komplizierten gesetzlichen Regelung eine möglichst gleichmäßige, von einheitlichen Gesichtspunkten beherrschte Verwaltungsübung der weisungsfreien Prüfungsausschüsse, die nur mit Ärzten besetzt sind, welche keine oder nur mangelhafte Kenntnis vom Verwaltungsrecht haben.
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